Gestern wurde bekannt, dass Kodak seinen einzig verbliebenen Farbumkehrfilm für den Cinebereich, den Ektachrome 100D, einstellt. Auch nachdem ich eine Nacht darüber geschlafen habe, mag ich es immer noch nicht so ganz begreifen. Natürlich, es war nur eine Frage der Zeit, bis die insolvente Firma Kodak diesen Schritt macht – aber so schnell?

Nach Angaben der Firma Wittner ist die letzte Charge des Materials schon in Verarbeitung, Kodaks Vorräte reichen angeblich für nur (!) drei Monate. Liegt der letzte Guss also schon längere Zeit zurück? Bisher herrschte von Seiten des ehemals gelben Riesen doch auch Optimismus für die Schmalfilmwelt.

Zugegeben, dieser Artikel entstand aus einer Emotion heraus. (Ich kann mir nicht vorstellen, dass derartige Gefühle in mir aufkämen, wenn bekannt würde, dass ein spezieller CMOS-Sensor o.ä. nicht mehr produziert würde.) Die Gerüchte um Kodak sind Spekulationen, die Menschen wie mich, also den aktiven Super 8 Filmer, nicht weiterbringen. Es ist nun mal so – auch wenn es mir aufgrund der lebendigen Farben (vor allem dieses Rot …grrrr…) und des feinen Korns des E100D noch so leid tut, kann ich nichts daran ändern.

Hier kommt die Stelle, an der jeder Filmer selbst überlegen muss, wie es für ihn ganz persönlich weiter geht. Wie viele Kassetten verfilme ich in welchem Zeitraum? Welche Filmsorte nutze ich wie häufig? Welche Alternativen kommen für mich in Frage? Aufgrund des unterschiedlichen Filmverhaltens (und auch der Weiterverarbeitung mit oder ohne anschließender Projektion) wird hier sicherlich jeder andere Konsequenzen ziehen.

Aktuelle Filmmaterialien im Überblick

Um einen Überblick zu verschaffen, versuche ich im Folgenden, den (deutschen) Super 8 Markt, wie er nach dem Aus des 100D verbleibt, zusammenzufassen. Welche Materialien gibt es zum jetzigen Zeitpunkt noch wo, was sind die Optionen?

Fängt man ganz von vorne an, gibt es von der Prozessstruktur vier Arten von Film, die für uns in Frage kommen:

1. Schwarzweiß-Negativ
2. Schwarzweiß-Umkehr
3. Farb-Negativ
4. Farb-Umkehr

Momentan sind folgende Materialien in den einzelnen Kategorien verfügbar (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):

Wie man sieht, gibt es nach dem E100D nur noch einen einzigen Farbumkehrfilm. Gerade diese Art von Filmmaterial ist aber für die meisten Amateurfilmer interessant: Vergleichbar mit einem Diafilm wird der belichtete Streifen innerhalb eines einzigen Entwicklungsprozesses zu einem direkt projizierbaren Bild verarbeitet. Das spart Zeit und Kosten und ist für den privaten Urlaubs- oder Familienfilm die bequemste Methode. (Im professionellen Bereich – wie auch in der Fotografie – ist der Dreh auf Negativfilm und das Ziehen von Arbeits- und Projektionskopien Standard.)

Farbnegativ – eine Alternative?

Wer seine Filme digitalisieren und nachbearbeiten möchte, dem steht das große Feld der Farbnegativfilme offen. Für fast jeden Zweck gibt es einen – egal, ob man drinnen oder draußen filmen möchte, ob viel Licht zur Verfügung steht oder wenig.

Gerade ich finde aber das projizierte Bild am schönsten. Es ist die Haptik, die Handhabung beim Schneiden eines Filmstreifens und das einfache Verständnis der Materie, weshalb ich sie so mag. Um die Filme über das Internet einem breiteren Publikum verfügbar zu machen, kann man sie dann immer noch digitalisieren.

Man kann natürlich auch auf Negativfilm drehen und eine Wetgate-Kopie anfertigen lassen. Das ist dank Andec möglich und auch professioneller, dafür viel teurer. Allerdings ist der so oft beschworene “Look” einer Negativkopie nicht derjenige von echtem Umkehrfilm. Auch diese besondere Bildästhetik finde ich genial und ist für mich nicht so einfach zu ersetzen.

Wer also in Zukunft nicht auf Farbumkehrfilm verzichten will, muss wohl oder übel (jetzt) Hamsterkäufe tätigen und irgendwann auf Fuji Velvia 50D umsteigen. Den gibt es in verschiedenen Varianten, konfektioniert von Wittner oder GK-Film. Aber die Farbwiedergabe ist beim Fuji-Material eine andere als bei Kodak. Das mag nicht jeder.

Lichtblicke

Hat man weder für Farbnegativfilm noch für den Velvia etwas übrig, sollte man einen Blick in die vielfältigen Schwarzweißmaterialien werfen. Hier sind neue Anbieter anzutreffen, beispielsweise ADOX, der erst seit diesem Jahr einen Super 8 SW-Film anbietet. Das nährt die Hoffnung, dass zumindest Schwarzweißmaterialien noch lange genug erhalten bleiben. (Nein, SW ist natürlich kein Ersatz für Farbe.)

Hoffnung macht auch Wittner, der in einer Umfrage Kunden die Möglichkeit gibt, über eine neue Sorte seines “Konfekts” abzustimmen. Zur Auswahl steht unter anderem “ein Material im ‘Retro-Look’ (warme Farben, leicht ausgeblichen und grobkörnig?) Oder lieber etwas mit ‘echten’ Farben und dafür in 200 ASA? Oder 400 ASA?” Gemeint ist die Konfektionierung eines “neuen” Umkehrfilms in Super 8 Kassetten im Lauf des nächsten Jahres.

Die Materialen selbst sind das Eine, deren Weiterverarbeitung das Andere: Was, wenn Kodaks Produktionsstopp Auswirkungen auf hiesige Labore hat? Wenn es weniger Filmmaterial gibt, haben die Entwicklungsmaschinen auch weniger Durchsatz, so die Überlegung. Die möglichen Konsequenzen kann man sich ausmalen. Müssen wir dann alle selbstentwickeln? Das ist bisher noch nicht abzusehen – momentan bieten sowohl Andec als auch Wittner und JABX hierzulande eine Farbumkehrentwicklung an. In Holland gibt es noch Frank Bruinsma vom Super 8 Reversal Lab. Sollte es denn soweit kommen, sei angemerkt, dass man einen E-6 Prozess problemlos zu Hause fahren kann, einzig an einen guten Entwicklungstank zu kommen ist heute schwierig (und teuer). Wer es mal probieren möchte, dem sei hier eine Anleitung gegeben.

In der Tabelle oben sind die wichtigsten Bezugsquellen für Filmmaterialien genannt, Alternativen und Optionen habe ich hier angerissen. Es sollte weniger ein fundierter Bericht sein als ein Ausdruck dessen, worüber sich die Super 8 Welt jetzt Gedanken machen muss. Ich jedenfalls werde, “nur” weil mein Lieblingsfilm bald vom Markt verschwindet, nicht mit Super 8 aufhören. Auf keinen Fall! Dazu macht es mir zu viel Spaß. Ob ich mich mit E100D für die nächste Zeit eindecke? Ich habe noch ein paar Kassetten auf Lager, die definitiv nicht ewig reichen werden. Vielleicht entscheide ich mich bewusst gegen Hamstern und gebe stattdessen den Machern des Velvia oder eines neuen “Konfekts” eine Chance, anstatt in Restbestände zu investieren. Ich weiß es noch nicht. Mal sehen.

Ich werde gegen die trübe Stimmung jetzt ein bisschen filmen gehen und Kodak Kodak sein lassen. Es ist lange kein Artikel mehr auf diesem Blog erschienen, dagegen möchte ich etwas tun. Also Vorsatz für’s nächste Jahr: Mehr experimentieren, mehr Projekte, zumindest genauso viel Analog. Und hoffentlich mehr Zeit, um hier ausführlich zu berichten.

Leser sind herzlich dazu eingeladen, ihre Gedanken zum Thema hier zu teilen.